CFP „Das freie Tier hat seinen Untergang stets hinter sich“

CFP: „Das freie Tier hat seinen Untergang stets hinter sich“ – Tierethik in Kultur, Literatur und Unterricht
Tagung an der Universität Koblenz-Landau, Campus Landau
Institut für Germanistik
29. November – 01. Dezember 2017
Organisation: Björn Hayer und Klarissa Schröder
Hauptredner:
Prof. Dr. Dr. h. c. Dieter Birnbacher (Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf)
Prof. Dr. Dagmar Burkhart (Universität Mannheim)
Ao. Univ.-Prof. Mag. Dr. Gabriela Kompatscher-Gufler (Universität Innsbruck)
Dr. Friederike Schmitz (Freie Universität Berlin)
„Was ist das wichtigste Thema der Welt?“ fragte das ARD/WDR-Magazin „neuneinhalb“ 2014 ihre kindlichen Zuschauer und bat unter dieser offenen Fragestellung um Einsendung von Themenvorschlägen. Die nichtmenschlichen Lebewesen schafften es gleich zweimal auf das Siegertreppchen: Das wichtigste Thema der Welt sind ‚Tiere‘, dicht gefolgt von ‚Klimawandel/Klimaschutz‘ und ‚Tierschutz/bedrohte Tiere‘ im Speziellen (vgl. Pressebericht WDR, Juli 2014). Mit großer Wertschätzung und starkem Verantwortungsgefühl für ihre nichtmenschlichen Mitlebewesen zeigen sich diese jüngsten BürgerInnen sensibel und aufmerksam für den gesellschaftlichen und politischen Diskurs um die ethisch verantwortliche Gestaltung der Beziehung zwischen Mensch und Tier, der in den letzten Jahren durch die mediale Berichterstattung über beklagenswerte Zustände in der Tierhaltung, Fleischskandale oder vermeidbare Tierversuche sowie populäre Bestseller wie Karen Duves „Anständige Essen: Ein Selbstversuch“ (2010) und Jonathan Safran Foers „Tiere essen“ (2010) befeuert wurde.
Auch im wissenschaftlichen Bereich hat die Beschäftigung mit nichtmenschlichen Lebewesen durch das Aufkommen der Human-Animal-Studies neuen Aufwind erfahren. Im Zentrum des interdisziplinären Forschungsfeldes, das sich in der letzten Dekade auch in Deutschland etabliert hat, stehen kulturelle, soziale und gesellschaftliche Bedeutung nichtmenschlicher Tiere sowie die Vielfalt und Komplexität der Mensch-Tier-Beziehung. Das Interesse des akademischen Publikums zeigt sich derzeit in einem zunehmenden Tagungsangebot, einer Vielzahl von Publikationen und sich neu formierenden Netzwerken und Arbeitsgruppen.
Dürfen wir Tiere essen oder ganz allgemein für unsere Zwecke nutzen? Was sind wir Menschen den Tieren schuldig? Haben Tiere unabhängig von Menschen Bedürfnisse, Gefühle und sollten ihnen Rechte zugeschrieben werden? Fragen wie diese beschäftigen das philosophische Feld der Tierethik bereits seit jeher, das sich ebenso für literatur- und kulturwissenschaftliche Perspektiven auf kulturelle Artefakte fruchtbar machen lässt. Doch trotz der aktuellen gesellschaftspolitischen Sensibilisierung scheinen die Aspekte
der Ethik mit jenen der Ästhetik noch nicht ausreichend verknüpft zu sein. Dasselbe gilt für den schulischen Horizont. Obgleich bei jungen Heranwachsenden ein hohes Interesse für nichtmenschliche Lebewesen besteht, wird das spezifische Verhältnis von Mensch und Tier unter didaktischen Gesichtspunkten bisher kaum debattiert.
Das Tier hat seinen festen Platz im Biologieunterricht oder in Fächerverbünden zu Natur und Umwelt, ethische Fragestellungen werden vorrangig im Philosophie- und Ethikunterricht behandelt. Doch scheint es, dass sich insbesondere der Literaturunterricht für eine Verhältnisbestimmung von Mensch UND Tier eignet. Literatur kann als Spiegel für diese Verhältnisbestimmung fungieren, durch Formen der Einfühlung ist es LeserInnen möglich, sich mit der Tierwelt zu verbinden. Dabei können Grundlagen des Zusammenlebens und gegenseitiger Abhängigkeit erforscht, Mitgefühl und Empathie mit nichtmenschlichen Lebewesen entwickelt und die Verantwortung als KonsumentIn sowie der eigene moralische Standpunkt kritisch reflektiert werden. Bisher nutzt der Deutschunterricht das große Potenzial einer solchen „tiersensiblen Lektüre“ bedauerlicher Weise noch nicht.
Das Institut für Germanistik der Universität Koblenz-Landau am Campus Landau möchte deshalb mit einer Tagung vom 29.11.-01.12.2017 zur Diskussion und zum Austausch über tierethische Fragestellungen in verschiedenen Panelformaten sowie deren Integration in den Deutsch- bzw. Literaturunterricht herzlich einladen.
Neben Beiträgen zur Tierethik aus genuin philosophischer Sicht können Vorschläge, welche die Mensch-Tier-Beziehungen in den Kulturwissenschaften im Allgemeinen und der Literaturwissenschaft im Speziellen (Literary Animal Stadies) beleuchten, eingesendet werden. Zuletzt werden didaktische Beiträge für das Fach Deutsch begrüßt, die beispielsweise konkrete Praxisumsetzungen vorstellen, Textauswahlkriterien für eine ‚tiersensible Lektüre‘ diskutieren oder Rezeptionsweisen von literarischen Tieren untersuchen.
Wir freuen uns über Beiträge aus verschiedenen wissenschaftlichen Disziplinen. Zudem möchten wir mitunter Organisationen (auch Verbände und Praktiker) und ermutigen auch explizit LehrerInnnen oder LehramtsanwärterInnen zur Einsendung von Vorschlägen ermuntern.
Bitte schicken Sie ein Abstract mit kurzen biographischen Angaben bis zum 1.3.2017 an hayer und schroederk